DisrupSys

Das Grundprinzip des Betriebs elektrischer Energienetze ist unmittelbar durch das elektro-mechanische Verhalten von Synchrongeneratoren bestimmt. Dabei dient die Netzfrequenz als zentrale Führungsgröße und ist ein Indikator für das Gleichgewicht zwischen Wirkleistungserzeugung und -verbrauch. Mit dem Wegfall von Kernkraft- und Kohlekraftwerken sowie der zunehmend regenerativ geprägten elektrischen Energieerzeugung fällt auch eine signifikante Anzahl Synchrongeneratoren weg. Hieraus resultiert die Notwendigkeit, perspektivisch den Verbundnetzbetrieb an die neuen Rahmenbedingungen anzupassen und weiter zu entwickeln.

Synchrongeneratoren realisieren über die Einprägung einer Spannung elektrotechnisch ein netzbildendes Verhalten. Zukünftig werden über den Anschluss von DC-Systemen zur Kopplung von Offshore-Windparks oder auch HGÜ-Verbindungen vermehrt leistungselektronische Umrichter im Stromnetz implementiert. Aufgrund der fehlenden Massenträgheit weisen diese ein wesentlich schnelleres dynamisches Verhalten sowie vielfältigere Regelungsmöglichkeiten als Synchrongeneratoren auf und unterscheiden sich im elektrotechnischen Verhalten somit grundlegend von diesen. Die vielfältigeren Regelungsmöglichkeiten dieser Umrichter können zukünftig vorteilhaft genutzt werden, etwa um aus Sicht des Verbundnetzbetriebs ein netzbildendes, d.h. spannungseinprägendes Regelverhalten der Umrichter zu realisieren. Dies erfordert, dass die Umrichter über geeignete Regelungsalgorithmen am Netzverknüpfungspunkt eine Spannung nach Betrag und Phase (Winkel) stellen.

Eine Möglichkeit, einem spannungseinprägend-geregelten Umrichter auf Basis des Netzzustands kommunikationsbasiert einen Arbeitspunkt zuzuweisen, besteht in einem winkelbasierten Verbundnetzbetrieb, der so genannten Winkelregelung. Für ein System mit klassischen Synchrongeneratoren gab es bereits vor geraumer Zeit akademische Untersuchungen (Garner H. 1950).

Im Projekt DisrupSys sollen vor diesem Hintergrund der winkelbasierte Verbundnetzbetrieb in Umrichter dominierten Energieversorgungssystemen unter Wahrung des Wirk- und Blindleistungsgleichgewichts erforscht und entwickelt werden. Dabei steht im Fokus, wie das Verbundnetz dahingehend transformiert werden kann.

Ausgehend vom geplanten Netzausbau gemäß des Netzentwicklungsplans berührt das vorliegende Vorhaben alle Prozesse des Verbundnetzbetriebs. Die heute üblichen Mechanismen des Netzbetriebs sollen vor dem Hintergrund neuer Betriebsmitteltechnologien neu de-finiert bzw. weiterentwickelt werden.

Heute wird die netzbildende Funktion von allen mit Synchrongeneratoren ausgestatteten Kraftwerken wahrgenommen. Der Ausgleich eines Energieungleichgewichts im elektrischen Netz erfolgt zunächst instantan über die rotierenden Massen der Generator-Turbinen-Sätze und mit einem geringen Zeitverzug mit den verschiedenen Stufen der Leistungs-Frequenz-Regelung. Die Erbringung von Regelleistung ist heute nicht notwendiger Weise mehr an konventionelle Kraftwerke gekoppelt, sondern kann von allen Betriebsmitteln erbracht werden, die grundsätzlich eine den Anforderungen an die Regelleistungserbringung konforme Auf- bzw. Abregelungseigenschaft aufweisen. So können auch mit Umrichtern gekoppelte Anlagen aller Art einzeln oder gepoolt Regelleistung erbringen.